Paul van Dyk im Interview

17.07.2005

Paul van Dyk ist einer der wenigen Künstler im Bereich der elektronischen Musik, die nicht nur erstklassige progressive Musik produzieren und auflegen, sondern ihr Gewicht auch für wohltätige und wie in diesem Falle auch politische Fortschritte im Sinne der Musikbranche einsetzen.

Bekanntlich schwächelt die Industrie unter anderem wegen illegaler Downloads seit einiger Zeit. Am Rande eines Forums zum Thema bei der diesjährigen CDU-MediaNight in Berlin hatten wir die Gelegenheit, Paul in gelöster Atmosphäre kurz zu interviewen. Er überraschte mit erstaunlich eindeutigen Statements. Ergänzungen in Klammern sind von uns zum besseren Verständnis eingefügt worden.

Hallo Paul, hat die Diskussion etwas für dich gebracht? Wir sind ganz erstaunt, dich hier (bei der CDU) zu finden, denn du stehst ja politisch eher links, oder?

Ich habe mich weder von der einen noch der anderen Partei vor den Karren spannen lassen. Ich halte es für wichtig, dass man über das Problem redet und Denkanstöße gibt und mitnimmt. Allein die Tatsache, dass der GEMA-Chef eben zu mir kam und gesagt hat, "Kommen Sie doch mal vorbei und lassen Sie uns darüber reden" (gemeint ist das Problem der Gebührenverteilung für die Verwertung von Musikstücken, z.B. durch Remixe oder Weiterverkäufe), ist ein tolles Ergebnis einer solchen Diskussion. Ich habe mich vorher aber genauso mit Dr. Markus Engels von der SPD, der übrigens auch hier war und ganz wesentlich an der Urheberrechtsnovelle mitgearbeitet hat und Leuten vom SPD-Vorstand zu Gesprächen getroffen. - Einfach weil diese Probleme wichtig und zu klären sind! Diese Krise (der Musikbranche) betrifft ja nicht nur die Musiker, die weniger verdienen, sondern genauso die Verkäuferin, die im Plattenladen nicht mehr arbeitet, weil keine Platten mehr verkauft werden oder den LKW-Fahrer, der seinen Job verliert, weil keine CDs mehr transportiert werden. So geht das Ganze ja volkswirtschaftlich weiter. Ich glaube, das sind Aspekte, die man formulieren muss und wo Ergebnisse gefunden werden müssen.

Du bringst dich also überall ein, unabhängig von der politischen Ausrichtung?

Ich denke schon, es muss eher in dem Rahmen bleiben, wo politisch etwas bewirkt wird und bewirkt werden kann! - Ich halte natürlich als ehemaliger DDR-Bürger von der PDS gar nichts! Für mich ist das nach wie vor dieser alte Verein, der sich umbenannt hat und jetzt dummerweise versucht, durch eine Namensumbenennung wieder in den Bundestag zu kommen.

Bei den Grünen finde ich es immer ein bisschen schwierig, weil da Verbraucherschutz über allem steht. Insofern ist es natürlich eine schwierige Argumentation, wenn ich sage: ja, aber ich muss auch von irgendwas leben. Ich bin - letztendlich - an irgendeinem Punkt auch Verbraucher. Dann werden meine Rechte (als Musiker) davon natürlich betroffen. Insofern halte ich es wie gesagt schon so, mit den Leuten zu reden, die auch letztendlich was machen können.

Siehst du die Vinyl als Medium im Sterben begriffen? Du arbeitest ja mit Final Scratch oder einem ähnlichen System.

Ich habe beide Systeme: Scratch Live und Final Scratch.

Ist die Vinyl für dich also noch interessant?

Wir pressen ja als VANDIT nach wie vor noch Vinyls. Ich gehe schon davon aus, dass das noch eine ganze Weile Bestand hat. Könnte mir aber aufgrund der Tatsache, dass die Systeme auch im Handling immer einfacher werden, schon vorstellen, dass es sich weiter verschiebt: weniger Vinyl, immer mehr digitale Downloads. Es ist so wunderbar einfach. Ich meine, ich sitze abends mit meiner Frau zu Hause und wir möchten diesen Song hören. - Einfach nur `n Klick und das Ding läuft.

Viele deiner Kollegen arbeiten ja noch mit Vinyl.

Ja, das ist auch völlig in Ordnung. Wenn ich es nicht schaffe, die Platte zu digitalisieren und reinzuspielen und ich brauche sie unbedingt, dann spiele ich die Musik auch von Vinyl. Das hat ja damit nichts zu tun. Für mich ist auch der Tonträger an sich nicht das Wichtige, sondern die Musik darauf.

Hat man nicht eine gewisse Wärme auf der Vinyl?

Nein, das ist tatsächlich ein totaler Trugschluss. Jeder, der seit etwa Anfang der 90er Jahre Musik gemacht hat und gerade auch im elektronischen Bereich, der kann diesen Quatsch von wegen digital und analog völlig vergessen. Denn spätestens in der Sekunde, wo er es auf eine DAT-Cassette aufgenommen hat, um damit zum Mastering-Studio zu gehen, ist das Ding schon mindestens einmal digitalisiert worden. Dann ist die so genannte "analoge Wärme" eh weg.

Der andere Punkt ist der: Selbst, wenn ich mit einem großen Tonband dahin gehe, spätestens beim Mastern wird das Ding digitalisiert. Es ist also wirklicher Unsinn. Ich halte nichts von MP3s, denn das hört man und die spiele ich auch nicht, sondern es sind aufgeblasene AIF-Files, aber es ist schon digital.

Du hast also dein komplettes Archiv auf dem Laptop?

Nicht komplett, aber die wesentlichen Sachen, die ich gerne spiele, habe ich dabei.

Gibt es mit dem Laptop nicht den Nachteil, dass du die Tracks kennen musst, also z.B. keine Breaks erkennst?

Natürlich konnte man früher bei den Platten die Struktur der Rillen erkennen. Bei den Programmen, sowohl bei "Scratch Live" als auch "Final Scratch", hast du eine Analyse-Funktion: Du siehst den entsprechenden Audio-File und siehst dann eben auch, da ist keine Bassdrum, also ist da ein Break. Das ist optisch tatsächlich sogar noch einfacher.

Ok, ich dachte, das geht völlig verloren.

Nein, das geht beim CD-Player verloren.

Was du dann noch machen musst, ist das Angleichen der Geschwindigkeiten?

Ja, das ist ganz normal und du hast nach wie vor das handwerkliche Können des DJs. Du musst nach wie vor die Sachen ancuen usw.

Du hast nach wie vor das haptische Gefühl?

Ja, das hast du nach wie vor, nur dass du damit eben den entsprechenden Audio-File vor und zurück bewegst.

Paul, vielen Dank für diese interessanten Einblicke! Wir freuen uns auf den nächsten Gig in Berlin zusammen mit Sasha und wünschen deinen Leuten und dir noch einen schönen Abend!

Vielen Dank und bis dann.

Das Interview führte Marcel von Bibow am Rande der CDU Medianight am 14.Juni 2005 in Berlin.

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